Zentralisierung und Ambulantisierung – Was bedeutet der Strukturwandel für die Immobilienstrategie von Krankenhäusern?
Mittwoch, 13. Dezember 2023 | Online Event
Neue Anforderungen und deren Auswirkungen
Deutsche Krankenhäuser stecken in einem Investitions- und Modernisierungsstau, der auch zu Lasten der medizinischen Versorgung geht. Zusätzlich steht die gesamte Krankenhauslandschaft vor einem fundamentalen Umbruch. Die bevorstehende Strukturreform der deutschen Krankenhauslandschaft wird zu einer weiteren Konzentration der medizinischen Versorgung führen.
Bereits in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Krankenhäuser gesunken – von 2.064 im Jahr 2010 auf knapp 1.900 in 2021 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Weitere Faktoren, die den Umbruch vorantreiben, sind der medizinische und technologische Fortschritt, die demografische Entwicklung und steigende Erwartungen der Öffentlichkeit an ein Krankenhaus. Diesen Veränderungen muss sich die Gebäude- und Infrastruktur eines Krankenhauses anpassen. Sie ist der Schlüsselfaktor für ein gutes Arbeitsumfeld und eine Atmosphäre, in der sich Patient:innen und Mitarbeitende wohlfühlen.
Aktuell stellen sich die Fragen, wie die neuen Anforderungen umgesetzt werden können, welche Auswirkungen dies für die Krankenhäuser und deren Immobilienstrategie haben wird, welche ggf. bereits erprobte Lösungsansätze herangezogen werden können und wie man in diesem Zusammenhang grüne und digitale Gebäude und Infrastrukturen schaffen kann.
Event-Zusammenfassung (KI)
Zentralisierung und Ambulantisierung – Was bedeutet der Strukturwandel für die Immobilienstrategie von Krankenhäusern?
Die Veranstaltung mit dem Titel "Zentralisierung und Ambulantisierung – Was bedeutet der Strukturwandel für die Immobilienstrategie von Krankenhäusern?" brachte führende Experten der Gesundheitsbranche zusammen, um die aktuellen Herausforderungen und Zukunftsperspektiven der deutschen Krankenhauslandschaft zu erörtern. Roland Engehausen, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, und Berthold Becker, Experte im Gesundheits-Immobilienmanagement bei TSC Berlin Real Estate, lieferten wertvolle Einblicke in die Dynamik der Zentralisierung und Ambulantisierung sowie deren Auswirkungen auf die Immobilienstrategien von Krankenhäusern.
Der Trend zur Zentralisierung wird in der deutschen Krankenhauslandschaft immer dominanter. Engehausen machte deutlich, dass der Druck zur Modernisierung und die bestehenden Investitionsstaus diesen Wandel beschleunigen. Er sprach von einem „fundamentalen Umbruch“, der dazu führt, dass sich die medizinische Versorgung zunehmend auf weniger, größere Standorte konzentriert. Dabei wies er auf die wachsenden Anforderungen an die Digitalisierung hin, um dem sich wandelnden Versorgungsbedarf gerecht zu werden: „Über eine radikale Digitalisierung kommt man nicht herum, um den zukünftigen Versorgungsbedarf zu decken.“
Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle in der Neugestaltung von Krankenhausinfrastrukturen. Moderne Technologien, wie etwa Telemonitoring und digitale Vernetzung, könnten nicht nur die Effizienz der Ressourcenzuweisung verbessern, sondern auch die Größe und Bauweise neuer Krankenhausgebäude beeinflussen. Israel wird hier als Vorbild genannt, das bereits innovative Konzepte erfolgreich umsetzt.
Ein bestehendes Problem ist die Fehlplanung neuer Kliniken aufgrund veralteter Bedarfsprognosen. Engehausen warnte davor, dass ohne Anpassung bestehender Planungen Neubauten potenziell überdimensioniert und ineffizient sein könnten. Er forderte, dass Kliniken ihre Planung überdenken, um auf den Wandel der Bedarfsstruktur und der Arbeitswelt besser einzugehen, insbesondere durch die Integration von Ambulantisierungsmöglichkeiten.
Berthold Becker beleuchtet die finanziellen Risiken, die mit den strukturellen Defiziten der deutschen Krankenhauslandschaft verbunden sind. Er skizzierte, dass über 60 % der Krankenhäuser insolvenzgefährdet sind, was auf die mangelnde Integration zwischen stationären und ambulanten Systemen zurückzuführen ist. Der Ruf nach vernetzten Lösungen wird immer lauter, um die wirtschaftlichen Herausforderungen der Kliniken effektiv zu adressieren.
Die Spezialisierung kleinerer Kliniken wird als potenzielle Gelegenheit gesehen, statt sie pauschal abzulehnen. Engehausen betonte, dass spezialisierte Fachkliniken, auch wenn sie wenig Betten haben, durch Fokus und Exzellenz profitabel arbeiten können. Dies demonstriere das Potenzial von kleinen Einrichtungen, sich durch klare Spezialisierung nachhaltig zu behaupten.
Privates Kapital wird als grundlegendes Element zur Sicherung und Optimierung der Krankenhausinfrastruktur betrachtet. Becker plädierte für die Einbindung von privaten Investoren durch nachhaltige Geschäftsmodelle, die über traditionelle Private-Equity-Strukturen hinausgehen. Die Rolle der privaten Investoren sollte nicht nur auf finanzielle Investitionen beschränkt sein; sie sollen auch Expertise und geschäftlich relevante Impulse einbringen.
Dennoch wird die Integration privaten Kapitals durch rechtliche Hürden, insbesondere vergaberechtliche und kommunalrechtliche Herausforderungen, erschwert. Engehausen schildert, wie komplex es ist, PPP-Modelle (Public-Private-Partnership-Modelle) zu etablieren, und sieht in Dienstleistungsverträgen momentan die praktikablere Lösung. Solche finanz- und rechtsstrukturellen Herausforderungen verdeutlichen, dass innovative Finanzierungsmodelle erforderlich sind, um eine tragfähige und zukunftssichere Gesundheitsinfrastruktur zu etablieren.
Die Gestaltung nachhaltiger Krankenhausinfrastrukturen steht vor der Herausforderung einer effektiven Integration von ambulanten und stationären Strukturen. Becker spricht sich dafür aus, neue Konzepte von innen heraus zu entwickeln, um den spezifischen Anforderungen der Nutzung gerecht zu werden. Eine solche Perspektive fördert die Entwicklung flexibler Immobilieninfrastrukturen, die auch Drittnutzungen ermöglichen.
Schließlich wurde betont, dass politische Unterstützung unverzichtbar ist, um die Effizienz und Wirksamkeit solcher Strukturveränderungen zu fördern. Sowohl Engehausen als auch Becker sehen die dringende Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure, um ein tragfähiges Gesundheitssystem zu schaffen, das den zukünftigen Herausforderungen gewachsen ist.
Insgesamt verdeutlicht die Diskussion, dass eine nachhaltige Umstrukturierung der deutschen Krankenhauslandschaft nicht nur gezielte Investitionen, sondern auch eine vorausschauende Strategie erfordert. Die Vernetzung ambulanter und stationärer Sektoren und eine kluge Nutzung von privatem Kapital sind essentielle Bausteine für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung.
Panelisten
Angemeldete Personen
![]() |
mammaly
|
![]() |
ZWP-Ingenieur AG
|
![]() |
TEK TO NIK Architekten
|
![]() |
TU Dortmund
|
![]() |
Rechtsanwaltskanzlei Weber
|